Das Corona-Reisejahr für Phototravellers
Da wir aber ohnehin viel in der Natur unterwegs sind, ist die Situation für uns oft nicht anders als vor Corona.

Da wir aber ohnehin viel in der Natur unterwegs sind, ist die Situation für uns oft nicht anders als vor Corona.


Unser Interview mit Biggi und Florian von Phototravellers
Seid Ihr dieses Jahr gereist? In welche Länder seid Ihr hierbei geflogen/ gefahren? Oder habt Ihr Euren Urlaub in Deutschland verbracht? Wie sind Eure Erfahrungen dabei gewesen?
Oh ja, wir sind dieses Jahr gereist. Allerdings anders als früher. Im Februar waren wir noch auf Malta und auf Gozo. Dann kam Corona und wir haben uns der Situation angepasst. Daher haben wir viel in Deutschland erkundet. Wir waren zum Beispiel in Leipzig, in Dresden, in der Sächsischen Schweiz. Erst kürzlich haben wir einen Roadtrip durch Mecklenburg-Vorpommern gemacht – das war unglaublich. Wir kamen uns vor, als wären wir in der Karibik und nicht in Deutschland, weil die Strände so schön dort sind. Wir haben unsere Heimat neu entdeckt. Natürlich haben wir viel in Bayern erkundet, viele Wanderungen unternommen. Im Süden Deutschlands gehen uns die Ideen nie aus.



Dann haben wir unser Nachbarland Österreich bereist. Hier waren wir in Niederösterreich, genauer im Mostviertel, und im Ötztal.
Ein absolutes Highlight waren auch zwei Wochen in Südtirol (Italien) in den Dolomiten, wo wir viele Klettersteige gegangen sind.
Aktuell stehen das Saarland und Kefalonia (Griechenland) auf der Liste. Also wie du siehst sind wir durch und durch Reiseblogger.
Ebenfalls unglaublich schön war Venedig Anfang Juli, das damals total leer war. So wird man Venedig wohl nie wieder erleben. Wir bekommen auch viele Zuschrift, das Venedig schon wieder total überfüllt sei. Spannend, wie sich die Lage in ein paar Monaten ändern kann.
Der Unterschied ist natürlich die aktuelle Situation. Allerdings waren wir überrascht, wie gut man mit den Corona-Regeln in Italien umgeht. Hier halten sich die meisten an die Regeln und es gibt auch im öffentlichen Raum überall Fieber-Checks. Oft war auch noch wenig los, so dass der Abstand meist auch gut eingehalten werden konnte.
In Deutschland haben wir indes schon hin und wieder Situationen gehabt, wo wir schnell weitergezogen sind. Zu dicht gedrängt war hier alles.
Da wir aber ohnehin viel in der Natur unterwegs sind, ist die Situation für uns oft nicht anders als vor Corona.
Das Jahr 2020 hat uns viel gelehrt. Wir denken, dass die Menschen ihre Art zu Reisen umstellen müssen. Wir sollten alle versuchen, weniger die überlaufenen Hotspots anzusteuern, um dem EINEN tollen Bild hinterher zu jagen.
Viele Menschen schätzen die Natur zu wenig. Wir sollten wieder zu Entdeckern und nicht zu Nachahmern werden, also mehr Orte erkunden, die weniger überlaufen sind.
Zudem hatten wir – so komisch es klingt – dank Corona endlich mal die Zeit Deutschland zu erkunden. Und auch das nehmen wir als Lehre aus 2020 mit. Wir wollen immer die große weite Welt entdecken. Dabei ist Deutschland auch wunderschön.
Die Strände an der Ostsee etwa sind genauso weiß und traumhaft schön wie die in der Karibik. Wir persönlich haben schon immer mehr die Natur entdeckt und sehr zu schätzen gewusst. Aber wir hoffen, dass wir diese Message jetzt noch stärker weitergeben können.
Zur Zukunft unseres Blogs: Da wir in den vergangenen Monaten viel in Bayern unterwegs waren, hatten wir endlich einmal viel Zeit, die wir in den Blog investieren konnten. Wir haben nicht den Kopf in den Sand gesteckt, sondern uns an Projekte gesetzt, die wir schon seit Jahren machen wollten.
Wir haben einen Online-Fotokurs herausgebracht, den ersten Fotografie-Reiseführer Bayerns als E-Book veröffentlicht und wir haben viele neue Artikel geschrieben. Dadurch ist unser passives Einkommen erheblich angestiegen.
Unsere festangestellten Mitarbeiter haben wir auch mit vielen Themen versorgt und unsere freien Autoren hatten ebenfalls Zeit, die sie in Artikel investieren konnten. So sind wir noch stärker gewachsen. Mit rund 400.000 Lesern im Monat sind wir einer der größten Reiseblogs Deutschlands. Auch das kann man aus einer Krise lernen: nie aufgeben, sondern das Beste aus jeder Situation machen.



Welche neuen Reisetrends seht ihr und wie findet ihr diese Entwicklung?
Der Mega-Trend ist dieses Jahr das Reisen mit dem Camper. Ja, diese Bewegung gibt es schon länger. Aber jetzt kommen viele Einsteiger hinzu, für die Camping bisher kein Thema war. Camping vermittelt ein Freiheitsgefühl, wonach jeder aktuell strebt.
Wir sehen diesen Trend ein wenig kritisch. Viele neue Camper stürzen sich ins Abenteuer und meinen, den goldenen Gral gefunden zu haben. Camping bedeutet aber auch Verantwortung. Man kann sich mit seinem Camper eben nicht überall hinstellen, die Natur zur Toilette umfunktionieren und seinen Müll überall liegen lassen. Man kann auch nicht einfach in einen See springen, und sich da mit Seife und Shampoo waschen. Leider passiert aber genau das immer mehr. Und wofür? Oftmals nur für ein Instagram-Foto, dass die große Freiheit suggeriert.
Wir gehen auch oft Campen (auch mit dem Zelt) und lieben den Lifestyle. Wir haben aktuell aber gar nicht so viel Lust, weil es überall unglaublich viele Camper gibt, die sich wie die Axt im Walde aufführen.
Wir fahren daher eher mit Bedacht raus in die Natur zu Orten, die weniger überrannt werden. Natürlich achten wir dabei stets darauf, nichts als Fußabdrücke zu hinterlassen und nichts als Erinnerungen mitzunehmen.
Leider ist auch die Infrastruktur in vielen Orten – etwa in Berchtesgaden oder in Garmisch-Partenkirchen in Bayern – überhaupt nicht für so viele Camper ausgelegt. Diese Orte werden regelrecht überrannt.
Zum Glück sind wir als selbständige Reiseblogger sehr flexibel, so dass wir nicht am Wochenende, sondern nur noch unter der Woche in die Berge gehen. Und dann eher in Regionen, die nicht so stark überlaufen sind.
Viele Tourismusgebiete haben aktuell das Problem, dass die Ballermann-Fraktion jetzt Urlaub im Naturschutzgebiet macht. Statt der Natur mit Respekt zu begegnen, wird hier mit lauter Musik Party gefeiert und der ganze Müll achtlos weggeworfen. Leider haben wir auch das alles in diesem Jahr schon erlebt.
Auch in München sieht es am Morgen aus, als hätten riesige Partys stattgefunden. Überall liegt Müll rum. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Eine achtlos weggeworfene Plastiktüte verrottet eben nicht, sondern wird in Form von Mikroplastik für alle Zeiten in der Natur bleiben. Das gleiche gilt übrigens für Zigarettenkippen, die aus reinem Kunststoff bestehen und die mit vielen schlimmen Schadstoffen verseucht sind.
Wir für unseren Teil haben schon vor zwei Jahren den Hashtag #walkintrashout ins Leben gerufen und sammeln überall, wo wir gerade sind, Müll auf und zeigen das auch auf Social Media.
Ein letztes Wort zu 2020?
Wir ziehen aus dem Corona-Jahr 2020, dass wir noch mehr Orte in Deutschland entdecken wollen und dass wir aus jeder Situation etwas Positives ziehen können. Im Endeffekt konnte unserem Business gar nichts Besseres passieren, da wir viel Zeit in neue Projekte stecken konnten. Beruflich gesehen war das Jahr sehr erfolgreich. Natürlich hoffen wir, dass wir weiter gesund bleiben, damit wir unsere Reisen fortführen können.