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Wabi-Sabi im Esszimmer

Sich auf das Wesentliche konzentrieren. Die Kunst des Schlichten entdecken. Purismus leben. Genau darum geht es bei diesem Lifestyle: Wabi Sabi. Wabi was, fragst Du Dich? Was wie ein neues trendiges Gericht klingt oder wie der Meerrettich Wasabi, ist tatsächlich eine japanische Philosophie. Nach dieser kannst Du Dein Leben und Deine Einrichtung gestalten. Natürliche Materialien, die bewusst altern, helle Farben und viel Licht sind dabei besonders gefragt. Wir verraten Dir hier, wie auch Du Dir den zen-sationellen Vibe nach Hause holst – mit Wabi Sabi Interior!

Japanischer Begriff: Was bedeutet Wabi Sabi?

Doch beginnen wir erstmal mit der Definition von Wabi-Sabi. Wenn man sich den Ursprung des Wortes einmal ansieht, klingt dieser im ersten Moment eher weniger positiv. Denn das Wort “Wabi” wird im japanischen Sprachgebrauch verwendet, wenn man sich einsam und elend fühlt. “Sabi” steht hingegen für Reife, Patina oder das Altsein. Zusammen vereinen sich beide Worte jedoch zu einem Konzept der Ästhetik. Es geht darum, die Schönheit dort zu erkennen, wo es im ersten Moment nicht offensichtlich scheint. Wabi-Sabi ist also keine Kunstrichtung, sondern mehr eine Lebensart oder Philosophie.

Es sind die kleinen Dinge im Leben, die zählen!

So funktioniert die Wabi Sabi Philosophie

Wabi-Sabi ist auch viel mehr als nur ein ästhetisches Konzept. Man kann die Lehre vielmehr als Lebensphilosophie des Zen-Buddhismus betrachten. Diese beinhaltet ebenfalls, das Schöne in der Unvollkommenheit zu sehen. Simplizität und Vergänglichkeit wird zum neuen Ideal – bei der Einrichtung wie in allen anderen, noch so kleinen Lebensbereichen. Dazu zählt etwa die Natur, die Mode, der Alltag oder die Arbeit. Aber natürlich nur, wenn Du bereit bist, auch unvollkommene Dinge mit einem wertschätzenden Auge zu betrachten.

Nicht die offenkundige Schönheit ist das Höchste, sondern die verhüllte, nicht der unmittelbare Glanz der Sonne, sondern der gebrochene des Mondes.


Wilhelm Gundert

Eine weitere asiatische Lehre ist das Feng Shui.

Überblick: 5 Prinzipien von Wabi Sabi

  1. Schlichtheit und Bescheidenheit (wabi): Besinne Dich auf das Wesentliche und setze auf den Effekt optischer Leere. Wabi-Sabi bevorzugt schlicht eingerichtete Räume, die nicht zu überfüllt wirken. Auch Möbel und Deko-Pieces sollten lieber schlicht sein statt sich an ausgefallenen Trends zu orientieren.
  2. Einfachheit und Reduktion auf das Wesentliche: Weniger ist mehr. Behalte nur Dinge, die Du wirklich gerne benutzt, und sortiere den Rest aus.
  3. Nachhaltigkeit: Konsumiere nicht seelenlos, sondern setze auf lokale und einfache Produkte mit bester Qualität.
  4. Natürlichkeit und Unvollkommenheit: Organische Formen und Naturmaterialien unterstreichen den Einrichtungsstil und passen hervorragend zusammen.
  5. Schönheit von Verfall (Sabi) und Wertschätzung: Schätze und pflege Dein Eigentum und vererbe es mit Würde an die nächste Generation weiter. Gebrauchsspuren sind dabei kein Problem, denn: “Alt” ist das neue “Neu”! Patina und Spuren der Zeit werden geschätzt.

Die Schönheit von Altem erkennen und schätzen

Du entdeckst in Deinem Zuhause eine alte Kommode mit Patina, einen angelaufenen Spiegel oder handgefertigtes, nicht mehr ganz perfektes Porzellan. Dinge, die Du vielleicht aussortieren würdest, weil sie nicht perfekt sind. Doch mit Wabi-Sabi erhalten diese einen ganz besonderen Stellenwert. Du erkennst das Schöne im Unvollkommenen und Alten. Vintage Fundstücke vom Flohmarkt bekommen bei Dir ein liebevolles Zuhause, genau wie der vererbte Schrank Deiner Großmutter. Denn alle Möbelstücke und Deko-Objekte mit Seele sind bei Dir willkommen.


Reduziert Leben mit Purismus

Gleichzeitig machst Du Dich frei von allem, was Dir kein Lächeln auf die Lippen zaubert. Du gehst nach bewährter Marie Kondo-Methode vor: Reduziere Deine Einrichtung und genieße die damit verbundene Leichtigkeit.

Wabi-Sabi geht dabei Hand in Hand mit anderen beliebten Wohntrends wie Slow Living, Hygge oder Lagom. Es geht überall darum, sich auf das Wesentliche zu besinnen. Das Motto lautet entsprechend “Klasse statt Masse”. Damit ist gemeint, dass Du nicht nach Perfektion streben solltest. Im Gegenteil! Statt Symmetrie und Perfektion geben Asymmetrie und Natürlichkeit Deinem Heim mehr Charakter und Authentizität. Doch im Vergleich zu minimalistischen Wohnstilen zielt dieser Trend noch mehr auf die Ursprünglichkeit der Dinge ab. Materialien dürfen rau, Formen ungerade und Möbel gerne alt sein.

Unperfekt und individuell einrichten nach Wabi-Sabi: So geht es

Bist Du auch perfekt eingerichteter Wohnung überdrüssig? Wer auf Instagram aktiv ist, bekommt andauernd stylische Wohnung angezeigt, die gerade nur von Perfektion strotzen. Und sicher ertappst Du Dich gelegentlich dabei, etwas Unvollständiges im Vergleich dazu als nicht schön zu betrachten. Wabi-Sabi kann Dir dann dabei helfen, Deine Perspektive und damit auch Dein Leben zu verändern. Der reduzierte Wohnstil schafft Leichtigkeit und macht Dich frei von altem Ballast.

Ignoriere Perfektion!


Zeitlose Farben verwenden

Minimalistisch und dennoch gemütlich ─ das gelingt Dir Dank der warmen Töne von Naturmaterialien. Die Farbauswahl entspricht ganz der Philosophie und konzentriert sich auf das Wesentliche. Kreischende Farben und überladene Muster sind bei diesem Wohnstil fehl am Platz. Stattdessen stehen folgende Nuancen im Vordergrund:

  • Warmes Beige
  • Zartes Grau
  • Helles Naturweiß
  • Weiche Cremetöne
  • Sanftes Grün

Die Farben integrieren sich harmonisch in die Einrichtung. Wer diese durch ein paar farbige Akzente auflockern möchte, kann mit Pastelltönen wie Rosé, Lindgrün oder mattem Taubenblau zarte Highlights setzen. Beispielsweise als Wandfarbe oder mit Wohntextilien wie Kissen und Decken. Die Verwendung von gedeckten Erdtönen setzt deutliche Farbtupfer und sorgt damit für mehr Tiefe in der Einrichtung.


Natürliche Materialien einsetzen

Wer Purismus in seinem Zuhause einziehen lassen möchte, sollte auf folgende Materialien setzen:

  • Raue Leinenstoffe
  • Gegerbtes Leder
  • Gebrauchtes Steingut
  • Natürliches Schwemmholz

Jedes Teil ist damit ein echtes Unikat und wurde bestenfalls mit Liebe und von Hand hergestellt. Bei der Tischdekoration ergänzen natürliche Materialien wie Leinen-Servietten, mundgeblasene Vasen mit frischen Wiesenblumen und handgeformte Kerzen den Look.


Organische Formen bei Möbeln wählen

Setze auch hier auf alles, was auf den ersten Blick nicht perfekt wirkt. Gebrauchsspuren und kleinere Makel ─ genau diese Dinge machen den Wohnstil aus. Asymmetrische Linien, mundgeblasene Gläser mit Bläschen oder ein Tassen-Set bestehend aus Einzelstücken, die einander nicht gleichen, sind genau richtig. Für Möbel und andere Deko-Accessoires empfehlen wir außerdem organische Formen, die von der Natur inspiriert sind.


Für viel Licht sorgen

Durch raffinierte Licht- und Schattenspiele kannst Du die Ästhetik des Raumes positiv beeinflussen. Vor allem auf die die Atmosphäre im Raum hat das einen enormen Einfluss. Mit gezieltem Einsatz von Licht kannst Du beruhigen, inspirieren oder Harmonie schaffen. Die Kunst besteht dabei in einem ausgeglichenen Verhältnis von Licht und Schatten.


Auf das Wesentliche konzentrieren

Hochwertige Möbelstücke, die Du lange Zeit hegst und pflegst, sind das A und O für die Wabi-Sabi Einrichtung. Denn nur bei Langlebigkeit kannst Du den Möbeln beim Altern zusehen. Achte außerdem darauf, auf natürliche Materialien zu setzen, um so in Einklang mit der Natur zu leben. Ideal sind beispielsweise runde oder anders organisch geformte Couchtische aus hellem Holz. Generell solltest Du auch versuchen, eher leichte, filigrane Möbel auszuwählen.

Natürlich kannst Du auch gerne verschiedene Deko-Accessoires einsetzen. Diese sollten aber keinesfalls zu unruhig wirken und stattdessen für Ruhe und Harmonie sorgen. Eine Bilderwand mit vielen verschiedenen Motiven wäre bei Wabi-Sabi etwa eher fehl am Platz. Greife lieber zu zeitlosen Stücken in sanften Farben oder zu einer schlichten Fotografie.

Tipp: Da Wabi-Sabi zwar für reduziertes Wohnen steht, aber nicht für vollkommene Enthaltsamkeit, kannst Du Dich hin und wieder auch ein neues Lieblingsstück kaufen. Achte dabei aber darauf, ob Du das ausgewählte Teil wirklich brauchst und verwenden wirst!

Wohnzimmer und Schlafzimmer mit 12 Produkten zeitlos einrichten:

Weitere Tipps für den Wabi-Sabi Lifestyle

Die japanische Philosophie soll nicht nur Dein Zuhause beeinflussen, sondern auch Deinen Alltag? Dazu gibt es viele verschiedene Möglichkeiten. Wir zeigen Dir hier zwei Ideen, mit denen Du Wabi-Sabi wirklich leben kannst.

Buchtipp:Wabi-Sabi. Die japanische Weisheit für ein perfekt unperfektes Leben” von Japanologin Beth Kempton.


Kintzugi: Die Antwort auf die Frage “Wie schaffe ich Unperfektes?”

Das japanische Wort “Kintsugi” beschreibt ein traditionelles Kunsthandwerk. Hierbei wird zerbrochenes Geschirr oder Vasen aus Porzellan mit Gold “repariert”. Somit findet das gesprungene Stück wieder einen Platz in unserem Zuhause und Du musst es nicht entsorgen.

Das traditionelle Vorgehen ist jedoch sehr kompliziert und dauert lang. Zunächst wird ein spezieller Lack auf die gebrochene Stelle aufgetragen. Und das gleich mehrmals. Für die Optik wird dieser mit goldenen oder silbernen Pigmenten versehen. Nachdem die gebrochenen Stücke wieder zusammengefügt wurden, wird alles noch einmal schön poliert.


Fun-Fact: Wusstest Du, dass ein japanischer Tee Meister namens Sen no Rikyu das Wort Wabi-Sabi geprägt hat?

Die japanische Teezeremonie und Wabi Sabi

Wir finden: Sich auf das Wesentliche zu besinnen, geht am Besten bei einer Tasse Tee. Wie praktisch, denn mit einer japanischen Teezermonie hast Du schon den ersten Schritt Richtung Wabi-Sabi gemacht.

Die Teezeremonie repräsentiert die traditionelle, japanische Sichtweise und Wabi Sabi. Schließlich ist das Teehaus äußerst schlicht und einfach eingerichtet. Spirituelle sowie auch optische Leere basieren hier auch auf dem Zen Buddhismus. Gönn Dir doch mit einer Teezeremonie einen Moment der Ruhe & Entspannung.

Geschichte und Regeln

Die Zeremonie folgt den vier von Teemeister Sen No Rikyû festgelegten Prinzipien, auch genannt Chado (Weg des Tees). Er verknüpfte die Zeremonie mit dem Zen-Buddhismus. Diese sind Harmonie (Wa), Reinheit (Sei), Respekt (Kei) sowie Stille (Jaku) bzw. Gelassenheit durch die stetige Ausübung von Wa, Kei und Sei. Harmonie soll zwischen der Natur und den Gästen herrschen und dem Gastgeber, dem verwendetem Zubehör und den Teilnehmenden soll Respekt gezollt werden. Ziel ist das gemeinsame Erlangen innerer Reinheit und Entspannung. Dazu tragen ein reduziert eingerichteter Raum, ruhige Farben und ebenso ruhige Teilnehmer bei. Mehr als fünf Teilnehmer darf die Teilnehmerzahl aber nicht überschreiten. Weitere Regeln sind:

  • weiße Socken
  • auf den Knien sitzen
  • weniger ist mehr – für alles, was Du am Körper trägst
  • Handy aus

Das japanische Teehaus

Der japanischen Teezeremonie liegt die Chanoyu genannte japanische Teekunst zugrunde. Diese findet in einem Teehaus statt. Es ist klassisch von einem japanischen Garten umgeben. Dort führt der sogenannte Roji (路地), der „taubedeckte Pfad“, zum Teehaus bzw. dem Eingang aus einer rechteckigen niedrigen Schiebetür – Nijiriguchi. Diese musst Du auf den Knien durchschreiten – ein Symbol der Bescheidenheit. Das Teehaus selbst besteht meist aus Holz und Bambus und zwei Räumen. Einer zum Vorbereiten des Tees, der andere für die Zeremonie. Das Teezimmer nennt sich Chashitsu. Es ist kaum eingerichtet. Hier befinden sich lediglich Tatami Matten, Shoji Wände und eine Kochstelle. Wichtig ist auch die Tokonoma, eine spezifische Nische mit einer Bilderrolle und oft einem Blumengesteck.

Der Ablauf der japanischen Teezeremonie

Teemeister Sen No Rikyû hat die „sieben Geheimnisse des Wegs des Tees“ festgehalten, die durch eine perfekte Zeremonie führen sollen.

  • Bereite eine köstliche Tasse Tee zu;
  • Platziere die Holzkohle so, dass sie das Wasser erhitzen kann;
  • Arrangiere die Blumen, wie sie auf dem Feld stehen;
  • Sorge für Erfrischung im Sommer und für Wärme im Winter;
  • Bereite alles rechtzeitig vor;
  • Stelle Dich auf Regen ein, selbst wenn es nicht regnet;
  • Schenke allen Deinen Gästen die höchste Aufmerksamkeit.

Du als Gast betrittst den Roji, hier sollst Du den Alltag vergessen und Dich auf die Zeremonie vorbereiten. Nun nimmst Du im Wartesaal Platz und erhältst heißes Wasser, das im Anschluss für die Teezubereitung verwendet wird. Nach einem aufwendigen Reinigungsritual von Hand und Mund trittst Du auf Knien ein. Nun vermengt der Teemeister Matcha Tee (der mit einem Teebaumlöffel genommen wurde) mit heißem Wasser und schlägt diesen schaumig. Zuerst wird starker Tee zum Essen, dann dünner Tee serviert. Zunächst erhält der ranghöchste Gast nach seiner Verbeugung eine Schale Tee, nach erneuter Reinigung wird diese den weiteren Gästen gereicht. Der Teemeister soll jeden Einzelnen auf den “Teeweg” führen und Dir somit zu Gelassenheit, Ruhe und Wärme verhelfen. Während der gesamten Zeremonie herrscht Stille. Erst wenn sie beendet ist, kannst Du Dich über die Themen, die sich innerhalb des Teezimmers beziehen, unterhalten. Dieses Gespräch ist ein wichtiger Punkt der Teezeremonie um nochmal Respekt und Dankbarkeit zu zeigen. Außerdem kann die japanische Teezeremonie insgesamt bis zu vier Stunden dauern.

Info: Es gibt auch Schulen in Japan, die das Beschreiten des Teeweges lehren. Zu den bekanntesten gehören die Sansenke-Schulen.


Konnten wir Dich von der Wabi-Sabi Philosophie begeistern? Falls ja, empfehlen wir Dir auch einen Blick in unseren Artikel zur Japandi Einrichtung – hier trifft nordisches Design auf japanischen Minimalismus!